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Titelbild der Informationsbroschüre Unsere Marsch
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Sprecherin der Bürgerinitiative:

Gisela Lohße-Trommsdorff

Ortwisch 54
28307 Bremen

Tel.: home0421.487449
EMail:

Hochwasser oder Sintflut?

Nachdem Herr Brückner uns schon vorgestellt hat, möchte ich Sie alle herzlich begrüßen, und ich freue mich, dass so viele BürgerInnen gekommen sind, und ich möchte dem Kirchenvorstand der Arberger Kirche danken, der diese Veranstaltung hier heute möglich gemacht hat.

Hochwasser oder Sintflut? Unser Thema heute "Hochwasser oder Sintflut" ergibt sich in einer Stadt am Fluss eigentlich ganz von selbst, nach den Erfahrungen der letzten schrecklichen Hochwasser an anderen Flüssen in unserem Land ist dieses Thema hoch aktuell.

Ich möchte aber, bevor ich auf das Thema Hochwasser eingehe, noch ein kurzer Überblick über unsere BI" Erhaltung der Wesermarsch im Bremer Osten" geben , denn es kann sein, dass noch BürgerInnen, die von unserer BI nichts wissen.

Unsere Bürgerinitiative besteht seit Januar 1998 mit dem Ziel die Marschbebauung zu verhindern und Öffentlichkeit herzustellen.

Wir haben viele Veranstaltungen und Aktionen durchgeführt und haben uns bemüht, von uns gesammelte Informationen an die BürgerInnen weiterzugeben.

Unser Arbeitskreis "Rettet die Marsch" trifft sich regelmäßig an jedem 2. Montag im Monat um 19.00 Uhr im Gemeindehaus der Arberger Kirche.

Die von uns gesammelten über 4.000 Unterschriften gegen die Marschbebauung haben wir dem Präsidenten der Bürgerschaft im November letzten Jahres überreicht. Der Petitionsausschuss wird sich mit der geplanten Bebauung auseinandersetzen und mit uns zusammen eine Ortsbesichtigung vornehmen.

Wie sie wissen, sind inzwischen große Teile der Arberger und Mahndorfer Marsch von der BIG (Bremer Investitionsgesellschaft) aufgekauft worden. Wenige Grundstückseigentümer, darunter die Arberger Kirche, haben ihr Land nicht verkauft und wollen das auch in der Zukunft nicht tun.

Das geplante Gewerbegebiet hat eine gigantische Größe und lässt von unserer Marschlandschaft so gut wie nichts übrig. Die Längsausdehnung von ca. 4 km entspricht etwa der Strecke Stephaniebrücke bis zur Erdbeerbrücke.

Warum soll ein so riesengroßes Gewerbegebiete am Stadtrand direkt an der Weser entstehen?

Politiker der Grossen Koalition sind vor Jahren angetreten, mit dem Ziel, Bremen zu sanieren und begründen den Flächenfraß damit, dass durch das Anbieten von neuen Gewerbeflächen die Schaffung von 35.000 Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2007 möglich sei, und dadurch ca. 40.000 Neubürger nach Bremen kommen. Diese unglaubwürdigen und falschen Zahlen, die vor 4 Jahren im Wahlkampf benutzt wurden sind inzwischen vom Tisch. Es steht fest, dass trotz Sanierungsmillionen die Arbeitslosenzahl in den letzten Jahren nicht wesentlich gesunken ist. Das bedeutet zwar nicht, dass keine neuen Arbeitsplätze geschaffen wurden, aber das Ziel Arbeitslosigkeit zu verringern, wurde nicht erreicht. Auch bei der Zahl der Neubürger ist man inzwischen bescheiden geworden. Heute bedeutet es schon einen Erfolg, wenn die jetzige Einwohnerzahl gehalten wird.

Ein weiterer Grund , in der Arberger und Mahndorfer Marsch Gewerbe anzusiedeln ist, dass die zuständigen Politiker sagen, Flächen neben der Autobahn sind das geeignete Ansiedlungsgebiet für Gewerbe. Und auf der grünen Wiese zu planen ist einfacher und billiger, Bremen muss mit seinen Nachbargemeinden im Anbieten von Gewerbeflächen konkurrieren können.

Wir sind selbstverständlich auch an neuen und der Erhaltung vorhandener Arbeitsplätze interessiert, aber, in Bremen gibt es ca. 400 ha voll erschlossene Gewerbegebiete, diese Gebiete müssen vorrangig vermarktet werden, so dass es nicht notwendig wird, Gewerbegebiete auf der grünen Wiese (bei uns bestes Ackerland) zu bauen.

Wenn die zuständigen Politiker ihre Aufgabe ernst nehmen und zu dem, was sie unterschrieben haben auch tatsächlich stehen würden, würde eine solche Planung nicht möglich sein, denn Bremen hat die "Agenda 21"unterzeichnet und sich verpflichtet, sparsam mit Flächen umzugehen. Der Flächenfraß in Bremen steht hierzu jedoch in krassen Widerspruch.

Die Arberger und Mahndorfer Marsch sind Landschaftsschutzgebiete. Es hat viel Zeit, Energie und Arbeitskraft gekostet, dass die betroffenen Marschflächen überhaupt unter Landschaftsschutz gestellt wurden. Und die Konsequenz daraus ist, dass diese Flächen Tabuzonen für jegliche Bebauung sind. Heute wird von unserer Umweltsenatorin der Landschaftsschutz mit einem Federstrich wieder aufgehoben, Landschaftsschutzgebiete sind also Reserveflächen für spätere Bebauung, und das ist so nicht hinnehmbar.

Wir haben bei unseren Forderung, die Marsch nicht zu bebauen, unter andern auch immer das Argument Hochwasserschutzes vorgebracht. Allerdings wurde dieses Argument in den Planungen so gut wie gar nicht erwähnt und beachtet.

Auf der heutigen Veranstaltung soll nun das Thema Hochwasserschutz genauer betrachtet und diskutiert werden. Das Bewusstsein für Hochwassergefährdung muss gestärkt werden. Weder der Bund noch das Land noch die Kommunen haften für Hochwasserschäden an privaten Gebäuden und Grundstücken.

Für BremerInnen sind Deiche ein selbstverständlicher Schutz vor Sturmfluten von der See und vor Hochwasser aus dem Binnenland. Aber 85% Bremens sind nach wie vor überflutungsgefährdet.

Nach Aussage von Herrn Golasowsky vom Bremischen Deichverband sind unsere Deiche an Weser, Wümme und Lesum in Bremen zur Zeit sicher Die Weser wurde in den letzten hundert Jahren zwar immer wieder ausgebaggert und begradigt, aber dementsprechend wurden die Deiche erhöht und es wurden Sperrwerke gebaut.

Aber was passiert, wenn eine schwere Sturmflut mit einem extremen Binnenhochwasser zusammentrifft? Kann uns das hier in Bremen überhaupt passieren? Und wohin würde das Wasser fließen? Und was ist mit dem Grundwasser, das nicht mehr abgepumpt werden kann? Halten die Deiche? Was passiert, wenn in Achim der Weserdeich bricht, Flüsse kennen keine Grenzen? Was bedeutet das für Arbergen und Mahndorf?

Die vielen "Jahrhunderthochwassern" in den letzen Jahren haben gezeigt, dass vorsorgender Hochwasserschutz dringend notwendig ist.

Die Häufung extremer Witterungsverhältnisse stehen in einem offensichtlichen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung. Klimaschutz ist sicherlich verstärkt notwendig. Aber die katastrophalen Ausmaße der Hochwasser sind oftmals auch Folge eines verfehlten Umgangs mit unseren Flüssen und deren Einzugsgebieten.

Die Begradigung von Bächen und Flüssen, der Bau von Staustufen und der damit einhergehende Verlust von Auen und Feuchtgebieten, die immer noch zunehmende Flächenversiegelung, die intensive Nutzung von Überschwemmungsflächen und das anhaltende Waldsterben sind "menschengemachte" Ursachen.

Bei uns wurden die Flächen der Hemelinger, Arberger und Mahndorfer Marsch , die lange, lange Zeit als Grünland genutzt wurden , erstmals durch den Bau der Eisenbahn durchtrennt. Und durch den Bau der Autobahn, den Bau des Deiches in seiner heutigen Form, den Bau des Arberger Kanals und die Entwässerung der Marschfläche über ein Schöpfwerk in die Weser, erfolgte ein Nutzungswandel in der Landwirtschaft. Heute werden die Marschgebiete überwiegend als Ackerlang genutzt. Das charakteristische dichte Heckennetz ist aber erhalten geblieben. Von der Hemelinger Marsch ist allerdings seit der Bebauung nichts mehr übrig, sie ist versiegelt, das soll nun auch noch mit den Flächen in Arbergen und Mahndorf passieren.

Aber so sieht es an fast allen Strömen aus, überall wurden die Flußauen auf ein Bruchteil reduziert, am deutschen Abschnitt der Elbe sind nur noch 15% des natürlichen Überschwemmungsraumes erhalten.

Ist die Bodenoberfläche versiegelt, fließt mehr Wasser direkt oder über Kanalisation in die Flüsse, der Schwamm Boden als Wasserspeicher entfällt, die Versickerung ist unterbunden. Viel zu viel Wasser läuft viel zu schnell ab.

Die Bundesregierung hat als Reaktion auf das Elbe Hochwasser im September letzten Jahres eine Flusskonferenz einberufen und ein 5- Punkte Pogramm zum vorbeugenden Hochwasserschutz vorgelegt.

Eine Hauptforderungen aus diesem Programm ist, den Flüssen wieder mehr Raum zu geben, d.h.

  • in Überschwemmungsgebieten dürfen in Zukunft keine neuen Wohn- und Gewerbegebiete mehr ausgewiesen werden.
  • Flußauen sind zu erhalten und, dort, wo es möglich ist, wieder herzustellen.
  • Deiche sollten, wo immer Raum zur Verfügung steht, ins Landesinnere zurückverlegt werden. (Es ist besser, das Wasser läuft in die Auenwälder als in die Keller. )
  • Es wird angestrebt, die Flächenversiegelung erheblich zu verringern, heute werden täglich 130 ha (ca. 200 Fußballfelder) überbaut, im Jahr 2015 sollen es nur noch 30 ha pro Tag sein.
  • Die Wasseraufnahmekapazität unserer Böden muss erhöht werden, z. B. durch Entsiegelung von Flächen aber auch durch eine Anpassung der landwirtschaftlichen Nutzung z. B. durch Umwandlung von Ackerland in Grünland.
  • Der Ausbau der Flüsse für die Schifffahrt, muss auf den Prüfstand ( bei uns z. B. soll die Weser mal wieder vertieft werden)

Wir können nur hoffen, dass mit den sinkenden Pegelständen an den Flüssen nicht auch der Mut der Politiker sinkt, ein solches Programm auch konsequent umzusetzen.

Auf unsere Marschgebiet bezogen heißt das ganz deutlich und klar:
keine Bebauung im Überschwemmungsgebiet Arberger und Mahndorfer Marsch.

Aber was tun mit der Marsch, die zum großen Teil der BIG gehört?

Statt die Marschlandschaft durch einen "Gewerbepark Hansalinie" zu versiegeln, sollte nach einer Möglichkeit gesucht werden, diese große zusammenhängende Fläche im Sinne des Hochwasserschutzes, des Naturschutzes und zur Steigerung der Lebensqualität für die BürgerInnen, die hier leben, zu nutzen.

Die Marsch könnte so bleiben, wie sei ist
Oder
Es stand ja gerade in der Zeitung und wir wissen das schon lange, dass der Bremer Osten mit öffentlich zugänglichen Naherholungsgebieten unterversorgt ist.

Denkbar wäre also die Entwicklung eines "Landschaftsparks Arberger und Mahndorfer Marsch" mit Wander- und Fahrradwegen , mit der Ausweisung eines kleinen Auenparks mit Spiel- und Liegewiese und Sitzplätzen, entlang der vorhandenen Gewässerlinien könnten sich durch Uferabflachungen Röhricht und Gehölzzonen neu entwickeln, die landwirtschaftlich genutzten Flächen könnten langfristig schrittweise in extensiv genutztes Wiesen und Weideland umgewandelt werden. Der Deich könnte zurückverlegt werden, und der Überflutungsraum der Weser würde erheblich ausgeweitert, bzw. wieder hergestellt . So könnte zusammen mit der Achimer Marsch eine große Rückhaltefläche für eventuelles Hochwasser entstehen.

Bremen könnte durch solche Maßnahmen eine Vorreiterrolle und eine Vorbildfunktion für den Hochwasserschutz einnehmen. Unser Naherholungsgebiet würde erhalten und aufgewertet, die Tiere müssten nicht auswandern oder sterben, und die Pflanzen und Hecken können sich frei entwickeln.

So etwas zu denken ist keine Spinnerei, schließlich ist der Bürgerpark auch irgendwann einmal entwickelt worden, oder, denken Sie an den Park links der Weser, der erst in den letzten Jahren entstanden ist.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Bundesregierung Mittel in nicht geringem Umfang für Hochwasserschutz durch Naturschutzgroßprojekte zur Verfügung stellt: "Mittlere Elbe" hier soll eine intakte naturnahe , waldreiche Überflutungsaue entstehen, die Lebensraum für auetypische Tier- und Pflanzenarten bietet. Durch eine Deichrückverlegung in diesem Gebiet wird ein Retentionsraum von ca. 650 ha für Hochwasservorsorge wieder hergestellt. "Lenzener Elbtalaue" ebenfalls durch Deichrückverlegung ein Überflutungsraum von 450 ha geschaffen. Wenn das an der Elbe möglich ist, warum soll dann nicht auch an der Weser so etwas möglich sein? Für solche Projekte sollte sich unsere Senatorin für Umwelt einsetzen, statt den Flächenfraß durch Aufheben des Landschaftsschutzes zu genehmigen.


Internet Umsetzung:
Dipl.-Inform. Kai Hofmann, [hofmann@hofmann-int.de] - Bremen, 2018-05-23